Zirkus Charles Knie: PETA kritisiert Stresstournee für Tiere

PETA appelliert an Kommunalpolitiker, Wildtiere nicht mehr zuzulassen

Bielefeld. Zirkus Charles Knie gastiert seit Freitag mit zahlreichen Wildtieren wie Zebras, Löwen und Tigern in Bielefeld. PETA wirft dem Zirkus vor, die Tiere einer regelrechten „Stresstournee“ auszusetzen. Bei der aktuellen Tour verbringt Zirkus Charles Knie im Schnitt lediglich vier Tage an einem Ort – mit nur einem Tag Pause zwischen den Gastspielen. Bielefeld hatte bereits 2016 ein Wildtierverbot auf kommunalen Flächen beschlossen, das das Verwaltungsgericht Minden jedoch im Jahr darauf kippte. PETA appelliert nun an die Stadtvertretung, in einem neuen Anlauf ein rechtssicheres Verbot auf den Weg zu bringen, in dem vor allem die Abwehr von Gefahren durch gefährliche Großwildtiere im Vordergrund steht. Dafür stellt die Tierrechtsorganisation auf ihrer Website einen Musterantrag zur Verfügung.

„Zirkusse mit Wildtieren sind in Städten wie Bielefeld zunehmend unerwünscht – immer häufiger müssen sich Zirkusunternehmen einklagen, um überhaupt noch auftreten zu können“, so Dr. Yvonne Würz, Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsbranche bei PETA. „Wir hoffen, dass die Kommunalpolitiker weiterhin mutig sind und nun einen auf die Gefahrenabwehr begründeten Beschluss initiieren.“

PETA beruft sich hinsichtlich der insgesamt uneinheitlichen Rechtsprechung verschiedener deutscher Gerichte auf ein Gutachten aus dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR), wonach kommunale Wildtierverbote auch weiterhin zulässig sind, sofern gefährliche Tiere wie Tiger oder Löwen involviert sind. Jährlich mehrere Dutzend Ausbrüche von Tieren im Zirkus, die teilweise zu Todesfällen oder Verletzten führten, bestätigen die Notwendigkeit einer weitergehenden Regelung.

Bei Dompteur Alexander Lacey müssen Raubkatzen unnatürliche Zirkusnummern aufführen. / © PETA Deutschland e.V.

Bei Dompteur Alexander Lacey müssen Raubkatzen unnatürliche Zirkusnummern aufführen. / © PETA Deutschland e.V.

Raubtierdompteur Alexander Lacey trat vor Jahren bei Zirkus Charles Knie auf und wechselte 2011 zu Ringling Bros. and Barnum & Bailey in den USA. Nachdem der US-Zirkus im Mai 2017 seine letzte Show aufführte, ist Lacey nun mit seiner Raubtierdressur wieder bei Zirkus Charles. PETA weist nachdrücklich auf die Gefahren hin: Erst im vergangenen Jahr entkam einer der Tiger während eines Transports in den USA, streifte durch bewohnte Siedlungen und wurde schließlich von der Polizei erschossen. Im Frühjahr 2018 wurde Lacey während der Show in Stendal von einer Löwin angegriffen und so schwer verletzt, dass er mehrere Tage im Krankenhaus verbringen musste.

Die ungewöhnlich hohe Frequenz an Ortswechseln und die damit einhergehenden langen Standzeiten auf Transportern zeigen, wie rücksichtslos der Zirkusbetrieb mit den rund 100 Tieren umgeht. Im Juni 2015 wurde der seinerzeit vom Zirkus Charles Knie beschäftigte Elefantentrainer Errani wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz rechtskräftig zu einer Geldbuße verurteilt, weil die Elefanten beim Wechsel der Gastspielorte wiederholt bis zu 18 Stunden auf dem Lkw bleiben mussten [1]. Nach Auffassung der Tierrechtsorganisation leiden nicht nur die Wildtiere erheblich unter dieser Tortur.

Wildtiere haben hohe Ansprüche an ihren Lebensraum, die in einem reisenden Zirkus nicht erfüllt werden können. Die geselligen Steppenzebras etwa leben in offenen afrikanischen Graslandschaften in Gruppen von bis zu 20 Tieren; bei Zirkus Charles Knie werden sie an vielen Gastspielorten auf asphaltiertem Boden gehalten. Das natürliche Revier von Tigern umfasst in den dichten Wäldern Asiens mehrere hundert Quadratkilometer; sie haben einen enormen Bewegungsdrang und verfügen über hohe kognitive Fähigkeiten. Laut Artenschutzorganisationen leben heute nur noch etwa 3.200 der vom Aussterben bedrohten Tiere in freier Wildbahn.

PETAs Motto lautet in Teilen, dass Tiere nicht da sind, um uns zu unterhalten. Die Tierrechtsorganisation fordert ein grundsätzliches Verbot von Tieren im Zirkus, denn die Unterbringung in kleinen Gehegen, die ständigen Transporte sowie die von Gewalt und Zwang geprägte Dressur führen zu Verhaltensstörungen, Krankheiten und oftmals zu einem frühen Tod. Bereits 99 Städte und Kommunalvertretungen haben ein kommunales Wildtierverbot beschlossen. Einer repräsentativen forsa-Umfrage vom Mai 2014 zufolge vertreten 82 Prozent der Deutschen die Auffassung, dass Wildtiere nicht artgerecht im Zirkus gehalten werden können. Bezüglich exotischer Wildtierarten spricht sich auch die Bundestierärztekammer für ein Verbot aus.

[1] AG Darmstadt: Aktenzeichen 233 OWi 8200 Js 40305/13.

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