Digitale Lehrangebote zu sprachlichen Varianten des Englischen

Paderborn. Wissenschaftler der Universitäten Paderborn, Bielefeld und Münster entwickeln im Zuge der Förderlinie OERContent.nrw des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Kultur und Wissenschaft (MKW) Lehr- und Lernangebote zu Varietäten des Englischen. Diese sprachlichen Varianten, im Fachjargon auch als Varietäten bezeichnet, sind bestimmte Ausprägungen einer Sprache, die grammatikalische und lexikalische Besonderheiten aufweisen, wie es z. B. beim australischen Englisch der Fall ist. Aktuell   stehen insbesondere für die universitäre Lehre dafür kaum geeignete Materialien zur Verfügung. Forschungsergebnisse sollen erst an den drei Universitäten, später in ganz NRW Anwendung finden. Das Projekt „Authentic Englishes.nrw“ wird bis April 2022 mit rund 500.000 Euro vom MKW gefördert.

„Das Vorhaben verfolgt drei Qualifikationsziele, die für die Studierenden in Bezug auf den Kernlehrplan an Schulen wichtig sind und die deren Wissen über Varietäten insgesamt fördern“, sagt Prof. Dr. Ilka Mindt von der Universität Paderborn, die das Projekt leitet. Konkret geht es dabei um den Kompetenzerwerb in den Bereichen Verstehen, Beschreiben und Vermitteln.

Die Wissenschaftler entwickeln digitale Audio- und Videomaterialien, um den Lernenden authentische Inhalte in Form zeitgemäßer Formate zu liefern: Podcasts, Audiobeispiele, digital lectures, Screencasts und Erklärvideos. Schüler haben Schwierigkeiten beim Hörverstehen Der Hintergrund: „Die Hörverstehensaufgabe der NRW-weiten Prüfungen im Fach Englisch für die Haupt-, Sekundar-, Gesamt- und Realschulen basierte 2017 auf einer Rede von Prinz Harry.

Im Nachgang wurde die Aufgabe von zahlreichen Schülern bemängelt: Angeblich habe Prinz Harry eine ‚undeutliche Artikulation‘“, so Mindt. Zwar spricht Prinz Harry sogenanntes Oxford English und repräsentiert damit die Varietät des britischen Englisch, dennoch zeige die Tatsache, dass er von vielen Schülern nicht verstanden wurde, großen Bedarf auf: „Das Verständnis von Varietäten ist heute wichtiger denn je. Das gilt nicht nur im schulischen, sondern verstärkt auch im universitären Kontext, wo aktuell kaum geeignete Materialien für die Lehre zur Verfügung stehen“, so Mindt weiter. Laut der Wissenschaftlerin sei es wahrscheinlich, dass andere Varietäten des   Englischen, wie z.B. australisches oder nigerianisches Englisch, ähnliche Probleme hervorrufen: „Sie unterscheiden sich auf allen Sprachebenen–Aussprache, Grammatik, Vokabular, Pragmatik – teils erheblich von den klassischen im Schulunterricht gelehrten Formen der Standardvarietäten.“

Foto (Universität Paderborn): Prof. Dr. Ilka Mindt von der Universität Paderborn.

Foto (Universität Paderborn): Prof. Dr. Ilka Mindt von der Universität Paderborn.

Sprache und interkulturelle Handlungsfähigkeit
Der Lehrplan für die Gymnasien und Gesamtschulen in NRW fordere in Bezug auf die Lehramtsausbildung explizit, das Bewusstsein für englische Varietäten zu stärken. Dazu Mindt: „Damit geht gleichzeitig eine Förderung der interkulturellen Handlungsfähigkeit einher. Für die Abiturprüfungen 2021 wurde zum Beispiel die Sprache und Kultur Nigerias zu den Fokusthemen hinzugefügt.“ Für die Lehrerbildung sei es daher essentiell, angehende Lehrkräfte zur zielgerichteten Einbettung von Varietätendes Englischen in den Unterricht zu befähigen. Das umfasse laut Mindt auch Fähigkeiten der didaktischen Reduktion und der Aufgabenformulierung.

Das Ziel der Lehr-/Lernangebote besteht darin, forschungsbasierte Lehre mittels innovativer Medien zu ermöglichen. Die Angebote sollen später in NRW für alle Universitäten und Hochschulen zur Verfügung stehen. Mindt: „Das Projekt zeigt somit auch exemplarisch einen Weg auf, wie man von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen zu digitalen Lehr- und Lernmaterialien kommen kann. Dieser Schritt ist unbedingt erforderlich, um das für die Lehre dringend notwendige sprachliche Material bereitzustellen und zielgruppengerecht aufzubereiten.“

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