Vortrag und Diskussion zur Kunst im Nationalsozialismus: „Kritische Auseinandersetzung wichtig“

Rheda-Wiedenbrück. „Die Bilder von Schmitz sollen im Historischen Rathaus bleiben. Wir wollen ausdrücklich die kritische Betrachtung des Werkes und des Künstlers,“ resümierte Bürgermeister Theo Mettenborg zum Abschluss der intensiven Diskussion über Hans Schmitz-Wiedenbrück und seine Werke am Montagabend im voll besetzten Saal des „Wiedenbrücker Schule Museums“. Die Stadt hatte zum Fachvortrag mit anschließender Diskussion eingeladen. Er nehme aus dem Abend mit, dass eine weitere Auseinandersetzung mit den Werken von Hans Schmitz-Wiedenbrück notwendig sei. Die Bilder sollen auf jeden Fall kommentiert werden. Sie könnten auch im Rahmen einer Magisterarbeit fachmännisch eingeordnet werden, stellte der Bürgermeister heraus.

Die Diskussion

Podiumsdiskussion1Vorausgegangen war eine lebhafte Diskussion mit klaren Positionen – zunächst auf dem Podium, dann mit dem Publikum. Paul F. Jesse, hatte gefordert, dass die Bilder aus dem öffentlichen Raum entfernt werden. Seine Meinung begründete er prägnant: „Die Nazis haben sechs Millionen Juden verbrannt, Hans Schmitz hat für sie gemalt, das finde ich unerträglich!“ Willi Repke junior, Nachfahre von Schmitz‘ Lehrmeister Heinrich Repke vertrat eine andere Position: „Nicht jeder, der für die Nazis gemalt hat, ist ein Nazi. Schmitz hat weit länger als Kirchenmaler gewirkt – alleine 17 Jahre im Atelier meines Großvaters.“ Beide Positionen und viele weitere Meinungen wurden in der intensiven Debatte über „Hans Schmitz-Wiedenbrück und die Kunst im Nationalsozialismus“ geäußert. Während Jesse darauf verwies, dass Schmitz‘ bekanntestes Bild „Arbeiter, Bauern, Soldaten“ eindeutig Kriegspropaganda sei, gingen die Meinungen zum zweiten ähnlichen Motiv, „Kämpfendes Volk“ auseinander. Hier sah der Eine Heldenverherrlichung, der Andere eine düstere Zukunftsvision über das Kriegsende. Vielfach wurde der Wunsch geäußert, die Schmitz-Bilder öffentlich hängen zu lassen und sich intensiv mit ihrer Geschichte zu beschäftigen. Die Auseinandersetzung sei auch erforderlich, so ein Teilnehmer, weil der gebürtige Lippstädter Schmitz sich selbst den Künstlernamen „Schmitz-Wiedenbrück“ gewählt habe. Moderator Dr. Rüdiger Krüger schloss den kontroversen Meinungsaustausch schließlich nachdem viele Standpunkte klar gemacht worden waren. Angesichts der lebhaften Diskussion sah er als Leiter der VHS Reckenberg-Ems eine neue Aufgabe auf die Volkshochschule zukommen. Die Intensität des Gesprächs lasse eine eigene Reihe zu diesem Thema geraten erscheinen.

Der Vortrag

Vor der Diskussion hatte Dr. Christian Fuhrmeister, Kunsthistoriker an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Fachmann für die Kunst im „Dritten Reich“ am Zentralinstituts für Kunstgeschichte zunächst einen kurzen Überblick über die Kunst im Nationalsozialismus und über das Werk von Hans Schmitz-Wiedenbrück gegeben. Dabei zeigte er auf, dass eine wesentliche Schwierigkeit bei der Beurteilung von Kunst aus der NS-Zeit der Mangel an Wissen sei. Die Forschung habe jahrzehntelang die Jahre von 1933 bis 1945 übersprungen. Werke und Künstler aus dieser Zeit seien kaum erforscht, die Daten über sie in den Nachschlagewerken fehlerhaft. Viele seien allein wegen der Zeit in der sie gewirkt hätten in der Schublade „Nationalsozialismus“ verschwunden. Dabei gebe es „nicht nur Schwarz und Weiß sondern auch viele Graustufen“ bei der Einordnung der Künstler. Auch Künstler, die sich nach 1945 als NS-Verfolgte präsentierten, hätten gerne mitgemacht. Ebenso gab es Künstler, die gerne mitgemacht hätten, aber beispielsweise wegen expressionistischer Werke aus dem NS-Kunstbetrieb ausgeschlossen worden seien. Schmitz-Wiedenbrück wurde schon in jungen Jahren Professor an der Düsseldorfer Akademie. Bei der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ war er mit vielen Werken vertreten, ebenso bei der Biennale 1940 in Venedig. Er war auch deshalb erfolgreich, weil er mit seinen überwiegend bäuerlichen Motiven „das 1A-Thema der Nazis“ erfolgreich „beackert“ habe. „Sie machen das hier richtig,“ lobte der Fachmann, „wir müssen so weit wie möglich räsonieren, die Möglichkeiten des Schaffens, des Ausdrucks ausloten.“ Erst in der fachlichen Diskussion, die bisher oft gefehlt habe, komme man zu wichtigen Erkenntnissen. Zu Schmitz seien noch viele Fragen offen, deshalb lohne die Auseinandersetzung.

Bild a) v.l.n.r.: Auf dem Podium Dr. Christian Fuhrmeister, Willi Repke junior, Dr. Rüdiger Krüger und Paul F. Jesse.
Bild c): Vor vollem Saal berichtete Dr. Christian Fuhrmeister über Hans Schmitz-Wiedenbrück und die Kunst im Nationalsozialismus.