„ Sie kamen um zu arbeiten …“ Vortrag und Diskussion

xea0hqnpDetmold. Vor 60 Jahren wurde das deutsch-italienische Anwerbeabkommen abgeschlossen. Die ersten sogenannten „Gastarbeiter“ kamen danach nach Deutschland und machten unterschiedliche Erfahrungen: Viele wollten gar nicht so lange bleiben und andere blieben ein Leben lang. In einem Vortrag mit Diskussion standen im Rahmen der Europawochen die ersten italienischen Gastarbeiter im Mittelpunkt des Abends. Eingeladen hatten die Deutsch-Italienische Gesellschaft Lippe-Detmold e.V. und die Europa-Union Deutschland (Kreisverband Lippe) zu der Veranstaltung im Detmolder Rathaus.
Dr. Benedetta Mannino berichtete in ihrem Vortrag von den Emigrierten, die nach Wolfsburg zu VW kamen. „Alle Menschen sind Migranten“, so die Feststellung von Benedetta Mannino, die an der Universität Potsdam promovierte und heute in Palermo lebt und arbeitet. Am 17. Januar 1962 traf der erste Zug aus Italien mit rund 100 Arbeitern in Wolfsburg ein. Sie wurden in Baracken untergebracht, abgeschottet von der deutschen Außenwelt. Erst später, Mitte der Siebzigerjahre, änderten sich die Verhältnisse mit dem Zuzug der Familien und einem ersten Sprachkursangebot. 14 Millionen Italiener, darunter viele auch mehrfach, pendelten im Zeitraum von 1955-1973 zwischen Italien und Deutschland. „Sie waren weder hier noch dort wirklich zu Hause“, betont Mannino. Heute leben rund 600.000 Italiener in Deutschland und das „ohne Probleme!“
Keine Probleme hatte auch Antonio Ferrara bei seiner Ankunft in Deutschland. Er ist einer der ersten Italiener in Detmold gewesen und vielen bis heute bekannt durch das Café Europa und mehrere Pizzerien, die er betrieb. „Ich habe mir Deutsch selber beigebracht und pro Tag 20 Vokabeln gelernt“, berichtet er schmunzelnd im Detmolder Rathaussaal.
Besuch in der Realschule I
Dr. Benedetta Mannino hatte von ihren Forschungsergebnissen bereits am Vormittag in der Realschule I erzählt und war dort auf großes Interesse der Schülerinnen und Schüler getroffen, die selbst schon an einem deutsch-italienischen Schulaustausch mit Verona teilgenommen hatten. Anschaulich berichtete Mannino über die Emigrationsgründe, die Aufenthaltsvorstellungen der italienischen Migranten, beschrieb die „Auswanderer“, sprach von Wolfsburg, dem dortigen Italiener-Dorf und wie die einheimische deutsche Bevölkerung mit Skepsis auf die Italiener reagierte. Das Unbekannte wurde mit Klischees gefüllt, z. B. mit der Bezeichnung „Spaghettifresser“, mit den Zuschreibungen „temperamentvoll und faul“ und mit dem Vorurteil, wer aus Süditalien komme, gehöre zur Mafia. Abschließend schlug sie den Bogen zur Situation der heutigen Geflüchteten in Deutschland und appellierte für ein „Miteinander leben – voneinander lernen“. Die Europawochen werden kofinanziert durch das Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ der Europäischen Union und werden finanziell unterstützt vom Ministerium für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes NRW.

Text und Foto: Stadt Detmold