Nicht in Nostalgie verfallen, sondern mit der Vergangenheit die Zukunft gestalten

Kreis Herford. Wenn es um Geschichte, Natur und Kultur des Wittekindslandes geht, ist man hier genau richtig: Beim Kreisheimatverein. Knapp 70 Heimat-, Geschichts- und Kulturvereine aus dem Kreis Herford sind hier organisiert. Darunter auch die Fördervereine der über 20 Museen im Kreis. Monika Guist arbeitet seit gut 25 Jahren beim Kreisheimatverein. Zusammen mit Christoph Mörstedt und dem Kreisheimatpfleger Eckhard Möller arbeitet sie an zahlreichen Publikationen, organisiert Veranstaltungen, entwickelt Projekte und pflegt das Netzwerk aller Kulturschaffenden im Kreis Herford.

„Menschen finden in der Erinnerung ihrer Geschichte Geborgenheit und Rückhalt. Das Gefühl, in seiner Heimat kulturell verwurzelt zu sein, lässt die örtliche Gegenwart besser begreifen und die Zukunft gezielter planen“, meint die studierte Historikerin. In bewegten Zeiten wie der Pandemie, in der viel und oft auch hitzig diskutiert wird, können die Menschen einiges von der Kultur lernen: „Sie schafft neue Blickwinkel und hilft, nicht nur in schwarz und weiß zu denken. Man entwickelt Toleranz für andere Darstellungen und Sichtweisen“.

Die Corona-Krise habe zudem vielen Menschen einen neuen Blick auf ihre Heimat verschafft. „Die Corona-Zeit wird bei vielen zu einer ganz eigenen Neuentdeckung des Kreises Herford geführt haben – sei es durch Spaziergänge, Fahrradtouren oder Ähnliches“, stellt Guist fest.

Monika Guist arbeitet seit über 25 Jahren beim Kreisheimatverein.Foto: Kreis Herford

Monika Guist arbeitet seit über 25 Jahren beim Kreisheimatverein.Foto: Kreis Herford

Auch wenn das kulturelle Leben im Kreis Herford während der Corona-Krise öffentlich nicht stattfinden konnte, gibt es für Monika Guist und den Kreisheimatverein immer genügend zu tun. Der Kreisheimatverein arbeitet regelmäßig an über einem Dutzend Publikationen.  So etwa an dem HF-Magazin, dem Historischen Jahrbuch oder den „Stipp-Visiten“. Einer Broschüren-Reihe, in der einzelne Heimatmuseen vorgestellt werden. Die Heftreihe „Rezepte im Wittekindsland“ zeigt „kleine aber feine“ westfälische Kochrezepte  aus der Vergangenheit. „Wir verbinden historische Daten & Fakten mit Kochrezeptenganz nach dem Motto: Geschichte kann man schmecken “, erklärt Guist. 

Als übergeordnete Organisation bietet der Kreisheimatverein den knapp 70 beteiligten Vereinen und Kulturschaffenden im Kreis Herford ein gutes und unverzichtbares Netzwerk. Das weiß auch Regine Krull, Leiterin des Widukind-Museums in Enger: „Wir finden beim Kreisheimatverein immer Ansprechpartner und Hilfestellungen, wenn wir etwas Bestimmtes in Angriff nehmen möchten. Insbesondere dann, wenn es außerhalb unseres üblichen Rahmens liegt“. Kreisheimatpfleger Eckard Möller sieht die Pflege dieses Netzwerkes als die wichtigste Aufgabe des Kreisheimatvereins an: „Wir haben ganz  verschiedene Mitglieder – sei es von der Friedensfördernden Energiegesellschaft  über die Biostation bis zum Wanderverein“. Für all die sei der Kreisheimatverein ein wichtiger Ansprechpartner. „Wir versuchen viele Fragen zu beantworten. Dabei kann es sich um eine Kultur-Veranstaltung oder auch um den Brutbestand des Waldkauzes drehen“, so Möller. Der Biologe arbeitet bereits seit 20 Jahren beim Kreisheimatverein.

Ein Schwerpunkt ist zudem die Ausrichtung der Geschichtsfeste. Sie finden alle paar Jahre in einer der neun Kommunen im Kreis statt. Hier kommen zehntausende Menschen zusammen, um regionale Geschichte neu zu entdecken. Mit szenischen Darstellungen, Lesungen, Ausstellungen, Musik und Angeboten zum Mitmachen wird sich hier praktisch mit Geschichte auseinandergesetzt. Das letzte Geschichtsfest fand 2018 in Enger statt.

Es ist ein Ereignis, das Laien und Profis, Hobbyhistorikerinnen und traditionell arbeitende Heimatforscher, Studierende, Schulklassen und Seniorinnen und Senioren aus dem Kreis Herford zusammenführt“, so Monika  Guist. Sie alle stellen auf unterhaltsame Weise dem Publikum vor, was ihre Region und ihr Zuhause ausmacht.

Dazu zählt auch die plattdeutsche Sprache: Anlässlich des Geschichtsfests 2018 veröffentlichte der Kreisheimatverein zusammen mit dem Katasteramt des Kreises Herford die sprechende plattdeutsche Karte im Internet. Die Karte enthält sowohl die Ortsnamen, Ortsteile und die Bezeichnungen einzelner Wohnquartiere auf Plattdeutsch. „Wir möchten dazu beitragen, das Plattdeutsch zu konservieren und auch junge Menschen dafür zu begeistern“, so Gerd Heining, der Plattdeutsch-Spezialist des Kreisheimatvereins. Dazu veranstaltet Heining zum Beispiel ab Oktober Plattdeutsch-Kurse in der Volkshochschule im Kreis Herford.

Neben der Heimatpflege und der Beschäftigung mit der Orts- und Regionalgeschichte unterstützt der Kreisheimatverein mit Publikationen und neuen Formaten auch die Denkmalpflege im Wittekindsland. Ein Beispiel dafür sind die „Horchgänge“: In Vlotho und Bünde hängen an insgesamt 20 Denkmälern sogenannte QR-Code-Plaketten. Unter dem Titel Zeitreisen 24/7 bekommen Vorbeispazierende und Touristen kostenlos Hausgeschichten auf’s Ohr. Nötig dazu ist lediglich ein Smartphone mit Internetzugang. „Wir wollen mit diesen Horchgängen auch jüngere Menschen erreichen. Wenn man die Geschichte seiner Heimatstadt kennt, identifiziert man sich mehr mit dem Ort und engagiert sich auch mehr“, so Monika Guist.

Doch wer denkt, der Kreisheimatverein möchte ausschließlich an alte Zeiten erinnern und jahrelange Traditionen bewahren, der irrt sich. „Natürlich möchten wir  regionale Identität schaffen“, erklärt Guist. „Wir wollen aber nicht  nur in Nostalgie verfallen, sondern auch vorausblicken: Was können wir aus der Vergangenheit mitnehmen und für unsere Zukunft gezielt einsetzen? Wir wollen durch den Blick auf die Vergangenheit heute aktiv werden“.

Über die Homepage www.kreisheimatverein.de und die Facebook-Seite des Kreisheimatvereins kann man sich jederzeit über Neuigkeiten rund um das Kulturleben im Kreis Herford informieren.

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