„Mehr als nur ein Naherholungsgebiet“

Minden. Vor rund 80 interessierten Bürgerinnen und Bürger ist Anfang April in der Aula des Ratsgymnasiums das Pflege- und Entwicklungskonzept für das Glacis vorgestellt worden. Nach gut einem halben Jahr und drei öffentlichen Veranstaltungen konnten die Stadt Minden und das Planungsbüro L-A-E-Landschaftsarchitekten Ehrig & Partner nun die Ziel- und Maßnahmenplanung vorstellen. Auch in der vierten öffentlichen Veranstaltung hatten die Bürger*innen noch einmal die Möglichkeit, sich zu beteiligen. An fünf Stelltafeln wurde rege diskutiert und es gab „wertvolle Anregungen“, die in das Konzept mit einfließen sollen, so Lars Bursian, Beigeordneter für Städtebau und Feuerschutz.

(© der Stadt Minden)

(© Stadt Minden)

Die Veranstaltung hatte Bürgermeister Michael Jäcke eröffnet. „Das Glacis mit seinen historisch wertvollen Denkmalen, Wegebeziehungen sowie alten Baumbeständen und parkähnlichen Strukturen ist mehr als nur ein Naherholungsgebiet“, strich Jäcke heraus. Das Mindener Glacis sei einzigartig und deshalb sei es sehr wichtig, es weiter zu erhalten und zu pflegen. „Dafür ist ein Konzept notwendig, das eine verlässliche Basis für die zukünftigen Entscheidungen der Stadt bildet“, so der Bürgermeister weiter. Er selbst nutze das Glacis als Jogger, fahre nahezu täglich mit dem Rad durch und schätze die „grüne Lunge“ sehr, berichtete Jäcke.

Er freue sich, dass so viele Bürgerinnen und Bürger am Konzept mitgewirkt haben und dankte den Mitgliedern des Steuerungskreises, die das Projekt seit April 2018 fachlich begleiteten. Fünf Mal traf sich dieser Kreis, zuletzt am 26. März 2019. Im 21-köpfigen Fachgremium und auch bei den drei öffentlichen Veranstaltungen sind sehr viele Ideen und Vorschläge gesammelt worden und in das Konzept eingeflossen. Kultur-, Kunst, Bau und Stadtgeschichte treffen im Glacis aufeinander, das seit dem 9. Februar 2017 ein eingetragenes Denkmal ist. Bei den Planungen und Diskussionen für das Konzept wurden Naturschutz- und Denkmalschutzaspekte ebenso berücksichtigt, wie die ruhige und aktive Nutzung. „Keine leichte Aufgabe für alle Beteiligten“, fasst Beigeordneter Lars Bursian zusammen.

Inhalt des nun vorliegenden Konzeptes, an dem bis zur Präsentation im Ausschuss für Bauen, Umwelt und Verkehr am 5. Juni noch weiter „gefeilt“ wird, sei einerseits die Wiederherstellung des Waldpark-Charakters und andererseits die Einbeziehung moderner Nutzungsansprüche. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollen anhand eines vorgestellten Prioritätenplanes nach und nach umgesetzt werden.

(©Stadt Minden)

(©Stadt Minden)

Laut Konzept sollen Radfahrer und Fußgänger künftig getrennt durch die Grünanlage geführt werden, weil es hier in der Vergangenheit immer wieder Konflikte gegeben habe. Dafür müssen einige Wege ausgebaut werden und andere sollen verschwinden. „Insgesamt wird es künftig rund 300 Meter weniger Wege geben“, erläutert Diplom-Ingenieur Ehm Eike Ehrig vom Planungsbüro in seiner Präsentation. Für den Bereich Weserpromenade wird es einen separaten Wettbewerb geben bei dem auch die Thematik „Wege“ erneut aufgegriffen wird.

Die weiteren wichtigen Aussagen im Konzept sind: 1. Der Waldpark – eine preußische Glaciswaldung – ist Waldpark und wird Waldpark bleiben. 2. Die wertvollen Alteichen müssen aktiv geschützt werden – dafür müssen zum Teil andere Bäume weichen. Es soll standortgerechte und klimafeste Nachpflanzungen geben. 3. Die Nährstoffverschmutzung des Glacis soll durch Pflegemaßnahmen verringert werden und 4. Der Waldpark benötigt ein höheres Unterhaltungsbudget, um seine Strahlkraft für Minden auch in Zukunft zu behalten.

Wie wichtig ein Pflege- und Entwicklungskonzept für das Glacis ist, machte die Bestandsanalyse des Fachbüros erneut deutlich. Das Glacis ist bei Weitem nicht so artenreich wie vermutet. Probleme bereitet hier vor allem der hohe Nähstoffgehalt des Bodens – durch zum Beispiel nicht eingesammelten Hundekot und abgestorbene Biomasse. Das lässt bestimmte Arten wachsen und verdrängt damit andere, meist heimische. Eine weitere Erkenntnis: Der Altbaumbestand ist akut gefährdet durch Überdüngung und Konkurrenzdruck. „Eichen brauchen viel Platz und Licht. Das nehmen ihnen oft schnell wachsende Baumarten wie Ahorn weg“, weiß der Experte.

Akut gefährdet ist auch die „ökologische Elastizität“ – durch Klimawandelprobleme und Konkurrenzdruck. Planer Ehm Eike Ehrig empfiehlt unter anderem eine behutsame Auslichtung unter den großen Bäumen und Nachpflanzungen mit klimaverträglichen Arten. Bestimmte Baumarten wie die Kastanie, die Ulme und die Esche seien durch Schädlinge und Pilzbefall stark dezimiert. Aber es gebe resistentere Züchtungen, die gepflanzt werden  können.

Nicht umgesetzt werden kann der vielfach geäußerte Wunsch, eine beleuchtete Strecke durch das gesamte Glacis – vor allem für Jogger und Spaziergänger – zu schaffen. Das sei vor allem aus naturschutzfachlicher Sicht nicht möglich, so Ehm Eike Ehrig. Ein wichtiger Grund sei, dass es Fledermäuse im Glacis gebe, die durch abendliches Licht gestört werden können. Eine Absage erteilte der Fachmann auch den diskutierten Plänen, einen Radschnellweg durch das Glacis zu führen. Dagegen sprechen vor allem Denkmalschutz-Aspekte, aber auch die dafür notwendigen Voraussetzungen. Dies sind durchgängige Wegbreiten von vier Metern, eine Beleuchtung und eine mögliche Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern. Das könne zu gefährlichen Konfliktsituationen mit Fußgängern führen.

Ein Ziel zur Aufwertung des Glacis ist es, den Rundweg-Charakter stärker zu betonen. So könnte es beispielsweise auf den das Glacis kreuzenden Straßen farblich gestaltete Überwegungen geben. Diskutiert werden müsse in der späteren Ausführungsplanung noch der künftige Belag der Wege. Begonnen werden soll mit der Umsetzung der geplanten Maßnahmen im Königsglacis, so die Empfehlung. Darauf folgen das Weserglacis, Marien-, Fischer- und das Simeonsglacis. Die weitere politische Beratung und Beschlussfassung erfolgt im Ausschuss für Bauen, Umwelt und Verkehr am 5. Juni sowie am 11. Juli im Rat.

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