LWL zeichnet neoromanischen Altaraufsatz in Paderborn als Denkmal des Monats aus

Gesamtaufnahme des Wandelretabels nach der Restaurierung. Foto: LWL

Gesamtaufnahme des Wandelretabels nach der Restaurierung.
Foto: LWL

Paderborn. Der um 1900 geschaffene Altaraufsatz in St. Marien in Paderborn-Neuenbeken ist aufgrund seines besonderen Dreh- und Schiebemechanismus für Westfalen einzigartig. Deshalb hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) das kürzlich restaurierte sogenannte Wandelretabel als Denkmal des Monats März ausgezeichnet.

„Die Idee, einen Altar zu schaffen, der den Kirchenbesuchern dank einer speziellen Mechanik ein bewegliches Bildprogramm zeigt und damit für ein kinoähnliches Erlebnis sorgt, geht auf den damaligen Pfarrer Hieronymus Tieckmann zurück“, erklärt LWL-Denkmalpflegerin Stephanie Keinert. Die ortsansässigen Handwerker Christian Driller als Schmied und Joseph Menke als Stellmacher setzten die Pläne seinerzeit um.

Konstruktion und Gestaltung
Das Wandelretabel

ist durch architektonische Holzelemente wie Rundbögen, Säulen und kleine Fenster im Stil der Romanik gegliedert. Im Zentrum befindet sich das Expositorium, in dem die Monstranz aufbewahrt wird, rechts und links davon schließen sich je zwei Seitenfelder an. In diesen vier Seitenfeldern befinden sich drehbare Holzkuben, die – je nach Ausrichtung – vier biblische Szenen zeigen. Diese Darstellungen sind zum Teil in plastischer Form als Schnitzreliefs gestaltet, oder sie sind zweidimensional als Tafelmalerei auf Kupferplatten bzw. verzinktem Stahlblech gefertigt. „Die Schnitzreliefs hat mit Anton Mormann ein prominenter Bildhauer geschaffen, der ein wichtiger Vertreter der sogenannten Wiedenbrücker Schule ist“, so Keinert.

Relief mit der Verkündigung Mariens nach der Restaurierung. Foto: Atelier J. Winkelbach

Relief mit der Verkündigung Mariens nach der Restaurierung.
Foto: Atelier J. Winkelbach

Noch heute orientiert sich die Präsentation der einzelnen Bildzyklen an den Riten des Kirchenjahres. Eine Konstruktion aus Drehvorrichtungen, metallenen Schienen und hölzernen Schlitten macht die Dreh- und Schiebebewegung der Kuben möglich. Die großen Felder zeigen die Szenen „Die wunderbare Brotvermehrung“, „Die Hochzeit zu Kana“, „Die Verkündigung des Herrn“ und „Die Krönung Mariens“. Werden die Kuben um 180 Grad gedreht, sind die Bibelszenen „Kommet zu mir, die ihr mühselig beladen seid“, „Lasset die Kinder zu mir kommen“, „Auferweckung des Lazarus“ und „Tod des Heiligen Josef“ zu sehen. Diese Darstellungen stammen aus der Paderborner Künstlerwerkstatt Joseph Wagenbrenners und G. Krietemeyers. Die kleinen Felder zeigen die beiden Heiligen Bonifatius und Liborius sowie den Erzengel Michael als „Seelenwäger“ und einen Engel mit der Mahnung „Memento homo“.

„Der Altar ist durch die gelungene Restaurierung heute wieder in seiner Schönheit und Funktionalität als Wandelretabel erlebbar“, so Keinert. „Damit das lange so bleibt und um bei neu auftretenden Schäden möglichst schnell handeln zu können, soll der Zustand von Malerei und Mechanik regelmäßig überprüft werden. Bei einem Besuch im Paderborner Land sollte ein Besuch in St. Marien in Neuenbeken mit Blick auf dieses außergewöhnlich spannende Retabel nicht fehlen“, empfiehlt die LWL-Denkmalpflegerin.