FH-Absolventin gewinnt Grand Prix beim internationalen Foto-Festival in Lodz

In ihrer Masterarbeit beschäftigt sich die Fotografin Alexandra Polina mit Immigration und Identität

Bielefeld. Die Absolventin des Masterstudiengangs Gestaltung, Studienrichtung Fotografie und Medien am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule (FH) Bielefeld, wurde für ihre Arbeit „Masks, Myths and Subjects“ mit dem Grand Prix des internationalen Foto-Festivals im polnischen Lodz ausgezeichnet.

In der Serie „Masks, Myths and Subjects“ erzählt Alexandra Polina Geschichten von jungen Menschen, die einer „Visible Minority“ angehören. Die Protagonisten der Serie sind in Deutschland geboren, aufgewachsen und sozialisiert, unterscheiden sich jedoch äußerlich von der Mehrheit der Gesellschaft und werden dadurch oft als Fremde wahrgenommen.

In metaphorischen Inszenierungen werden persönliche Erfahrungen wiedergegeben, mit denen die Protagonisten im Alltagsleben konfrontiert sind. Das Ergebnis der Serie ist eine Kollage aus Portraits mit klischeehaft-folkloristischen Settings und Stillleben mit alltäglichen Objekten, die durch die Art der Inszenierung exotisiert werden. Der stigmatisierte Blick und Konstruktion von Fremdheit bilden zentrale Fragen der Arbeit.

Alexandra Polina / Serie "Masks, Myths and Subjects". © Alexandra Polina

Alexandra Polina / Serie „Masks, Myths and Subjects“. © Alexandra Polina

Da ist zum Beispiel das Bild einer dunkelhäutigen Frau, die bäuchlings auf dem Boden liegt, vermutlich Asphalt, also auf der Straße, und auf Ihrem Rücken liegen zwei Strelitzien, sogenannte Paradiesvogelblumen. Weisen die afrikanischen Blumen vielleicht auf die Herkunft der Frau hin? Erzählt die Szene vielleicht von ausgeübter Gewalt, wenn auch angesichts der Blumen sehr zynisch? Ein anderes Bild zeigt einen ebenfalls dunkelhäutigen Mann mit entblößtem, muskulösem Oberkörper, der im Freien vor einer Hauswand steht. Hinter ihm wird, offensichtlich von einer weißen Frauenhand mit auffällig lackierten Fingernägeln, eine Tafel mit einem Muster hochgehalten, das an ein Leopardenfell erinnert. Schnell könnte man das als Haltung eine klassischen Machos deuten. Wieder andere Bilder verbinden die porträtierten Menschen mit überraschenden, vermutlich symbolischen Requisiten. Die Porträts werden zudem kombiniert mit verschiedenen Stilleben, dominiert von exotisch wirkenden Mustern und Ornamenten, die auch ohne präzise Sachkenntnis leicht arabischer, afrikanischer oder asiatischer Herkunft zuzuordnen sind.

Damit scheint ein Prinzip der Serie gefunden, der Zusammenhang zwischen der Physiognomie der Protagonisten und den dekorativen Mustern. Doch genau mit diesem pseudoanthropologischen Befund stellen sich gleich auch kompliziertere Fragen, die außerdem einen beklemmend starken Zeitbezug haben. Warum empfindet man die Evidenz einer Verbindung zwischen dem Äußeren eines Menschen und formalen Attributen eines vermeintlichen Herkunftslandes? Ist es überhaupt das Herkunftsland oder das der Familie? Bevor jedoch solchen Fragen weiter nachzugehen ist, lohnt ein genauerer Blick auf die Verwendung der fotografischen Mittel.

Alexandra Polina hat Bilder von einer irritierenden Künstlichkeit geschaffen. Kaum ein Detail scheint dem Zufall überlassen, angefangen von der stets perfekten Gesamtkomposition über die Abstimmung der Farben bis hin zu den eigentümlich makellosen Oberflächen der suburbanen Settings. Die bisweilen surreal anmutenden Requisiten erzeugen eine Spannung zwischen offensichtlich narrativen Inhalten und einer stark symbolisch aufgeladenen Bildsprache. Insofern stehen die Bilder formal der kommerziellen Editorialfotografie nahe – jedoch ausdrücklich ohne eine direkt verwertbare Nachricht zu enthalten. Die offene Verwendung einer affirmativen Ästhetik ist nicht untypisch für die Künstlerin, die in einer früheren Werkgruppe zum Beispiel ihre Darsteller Posen aus sowjetischen Propagandaplakaten einnehmen ließ.

Alexandra Polina wurde in Usbekistan geboren. Sie studierte Journalismus an der National Universität von Usbekistan in Tashkent. 2017 schloss sie das Masterstudium Gestaltung an der FH Bielefeld ab. Aktuell arbeitet sie als freie Fotografin. Im Fokus ihrer Arbeiten stehen die Themen Immigration und Identität, insbesondere die sozialen und emotionalen Aspekte. Nach 20 Jahren in ihrem Heimatland war der Umzug nach Deutschland für sie ein einschneidendes Erlebnis, so dass sich ihre persönliche Geschichte und Identität wie ein roter Faden durch ihre Arbeiten zieht. Alexandra Polina ist Finalistin des Merck-Preises an des Organ Vida Festivalsund hat verschiedene Preise gewonnen wie „gute aussichten – neue deutsche Fotografie“ oder La Quatrième Image and Photonic Moments award. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in Deutschland, Portugal, Frankreich, Italien, England und Luxemburg ausgestellt.

Weitere Informationen: http://fotofestiwal.com/2018/en/finalists/alexandra-polina/