„Der Besucher möchte etwas erleben“

60323LWL-Museen präsentieren sich auf der ITB

Westfalen-Lippe/Berlin (lwl). Erstmals präsentieren sich ab dem 9. März auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin elf Museen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale erklärt, was der LWL damit erreichen möchte.

Frau Dr. Rüschoff-Thale, zum ersten Mal sind die Museen des LWL auf der ITB so stark an einem gemeinsamen Stand vertreten. Warum?

Kurz: Weil wir viel zu bieten haben. Mit unseren Dauer- und Sonderausstellungen ziehen wir regelmäßig jährlich über 1,4 Mio. Besucher an. Die traditionellen Grenzen zwischen Freizeitmarkt und Wissensvermittlung verschwimmen heute immer mehr. Der Besucher möchte etwas erleben. Wenn dies dann noch lehrreich ist – umso besser. Wir wollen mit unserer Präsenz unsere Häuser stärker in das Bewusstsein der touristischen Anbieter bringen. Deren Feedback und die Erfahrungen auf der ITB sollen dazu beitragen, die Marketingstrategien für unsere 17 Museen im touristischen Segment zu überprüfen und weiter zu verbessern.

Wieso ist eine Touristik-Messe wichtig für Museen?

Das Freizeitverhalten der Menschen ändert sich. Bei der Reiseplanung spielt das Internet eine immer bedeutsamere Rolle. Man muss also wissen, wie Touristen und Touristiker denken. Welche Portale nutzen sie, um sich über interessante Reiseziele zu informieren? Auf welchen Plattformen sollte man präsent sein? Marketingstrategien ändern sich schneller als früher. Um den Besucher zu faszinieren, bedarf es heute nicht mehr nur attraktiver Ausstellungen. Die Menschen müssen erfahren, dass es diese Ausstellungen überhaupt gibt. Um nicht missverstanden zu werden: Die LWL-Kultur hat einen Auftrag in unserer Region. Dieser Auftrag besteht in der kulturellen Bildung und einem ausgewogenen und vielfältigen Angebot unserer Geschichte. Wir sind weder Reiseveranstalter noch Freizeitplaner. Der touristische Aspekt ist aber eine wichtige Ergänzung, um neue Besucherpotenziale zu erschließen.

Die meisten Besucher kommen aus einem Umkreis von maximal 100 Kilometern in ein Museum. Wollen Sie jetzt Besucher aus Potsdam oder München in Ihre Museen nach Haltern oder Detmold locken?

Warum nicht? In der Tat zeigt die Erfahrung, dass der Radius der regelmäßigen Besucher begrenzt ist. Aber wir leben in einer sich immer stärker globalisierenden Welt. Wenn ich an die Skulptur-Projekte denke, die 2017 vor der Tür stehen, freue ich mich schon auf Begegnungen mit Menschen, die aus Europa und der ganzen Welt nach Münster kommen. Denn unsere Museen sind nicht nur für Menschen aus Nordrhein-Westfalen einen Besuch wert. Vielmehr geht es um eine Art Mitnahmeeffekt: Wenn man z.B. eine Städtereise plant, ist es gut zu wissen, was man in dieser Stadt machen kann. Hier setzen wir an. Nur wer weiß, was es Interessantes gibt, wird diese Angebote nutzen. Ich darf mit Selbstbewusstsein sagen: Wer uns kennt, ist begeistert und beeindruckt. Dafür muss man den Bekanntheitsgrad der Museen steigern. Und daran werden wir auf der ITB intensiv arbeiten.

Haben die Besucher einen Vorteil davon, dass Ihre Museen alle zu einem Träger gehören?

Eindeutig ja. Besucher haben hohe Ansprüche an Museen. Wir können unter unserer Trägerschaft einen Service bieten, der 60324eine gleichbleibende Qualität sicherstellt. In den LWL-Museen können dadurch Standards definiert werden, die allen zugutekommen. Ich bin stolz, dass wir der Inklusion von Menschen mit Behinderung einen hohen Stellenwert einräumen. In allen unseren Häusern können sie erwarten, dass Führungen für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen angeboten werden. Wir konzipieren zum Beispiel haptisch orientierte Ausstellungen, die nicht nur sehbehinderten Menschen einen speziellen Zugang zur Kultur vermitteln.

Wie sehen Sie Westfalen auf der ITB repräsentiert?

Westfalen-Lippe ist das Land der „Hidden Champions“ in der Wirtschaft. Den Begriff haben also nicht wir geprägt, er trifft aber sehr gut die Situation unseres Landesteils. Große Unternehmen haben hier ihren Sitz. Die Unternehmen agieren weltweit und sind bekannt, aber kaum jemand weiß, dass die Firmenzentralen in Westfalen sind. Es ist Teil der westfälischen Mentalität, in der Außendarstellung eher zurückhaltend zu agieren. Wir möchten Westfalen-Lippe kulturell stärken und in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Wenn es uns gelingt, die kulturellen Angebote deutlicher zu akzentuieren, hat sich die Präsenz auf der ITB bereits gelohnt.

Hintergrund:

Elf LWL-Museen zeigen auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin, was sie zu bieten haben:

Das LWL-Museum für Kunst und Kultur macht auf die 2017 in Münster stattfindenden Skulptur Projekte aufmerksam. Seit 1977 verwandeln die Skulptur Projekte die Stadt alle zehn Jahre in einen öffentlichen Ausstellungsraum. Auch in der fünften Auflage der Skulptur Projekte erwarten die Macherinnen mehrere hunderttausend Besucher.

Ebenfalls in Münster zeigt das LWL-Museum für Naturkunde wechselnde Sonderausstellungen zum Leben auf der Erde. Als einziges Naturkundemuseum Deutschlands verfügt das Haus über ein eigenes Großplanetarium, in dem sich Besucher auf multimedial gestaltete Reisen ins Weltall begeben können.

Mit seinen acht Industriemuseen war der Landschaftsverband Westfalen-Lippe einer der ersten, der Industriekultur in einem Museum gezeigt hat. Für die Besucher geht es hinauf auf den ältesten erhaltenen Hochofen im Ruhrgebiet, hinab in Bergwerksstollen, auf Schienen und Schiffe. Ein Fokus liegt auf historischen Maschinen und Arbeitsgeräten. Neben dem Ausstellungsbetrieb dienen die Industriemuseen damit als eine Art Arche für fast vergessene Relikte der Industriekultur. Dabei wird Wert auf eine inklusive Kulturvermittlung der gelegt, etwa durch Führungen für sehbehinderte Menschen oder barrierefreie Ausstellungen.

Dauer- und Sonderausstellungen im LWL-Landesmuseum für Klosterkultur, Stiftung Kloster Dalheim in Lichtenau (Kreis Paderborn) zeigen Besuchern die häufig unbewusste Präsenz und Bedeutung klösterlich-religiöser Themen in der modernen Lebenswelt. Anlässlich des Luther-Jahres 2017 beschäftigt sich das Museum ab November 2016 mit der politischen und gesellschaftlichen Wirkung des großen deutschen Reformators im 20. Jahrhundert. Bundespräsident Joachim Gauck ist Schirmherr der Ausstellung. Abgesehen vom Ausstellungsbetrieb finden rund um das Museum mit dem Dalheimer Sommer, dem Kloster- und dem Weihnachtsmarkt mehrmals im Jahr attraktive Veranstaltungen statt.

BU1: LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale.
Foto: LWL

BU2: Das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster organisiert maßgeblich die Skulptur Projekte 2017.
Foto: LWL