Corona setzt der Wirtschaft im Kreis Herford mächtig zu

Kreis Herford. Die Geschäftslage in Industrie, Handel und bei Dienstleistungsunternehmen im Kreis Herford ist eingebrochen, auch die Erwartungen an die kommenden Monate sind mit großen Fragezeichen versehen. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Sonder-Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). An der Umfrage von Mitte Mai bis Anfang Juni nahmen insgesamt 227 Unternehmen (Industrie: 71; Handel: 69; Dienstleister: 87) mit 15.731 Beschäftigten (Industrie: 11.460; Handel: 1.947; Dienstleister: 2.324) teil. „Die Corona-Pandemie setzt der Wirtschaft im Wittekindkreis mächtig zu“, betonen die beiden IHK-Vizepräsidenten Dr. Klaus Bockermann und Oliver Flaskämper übereinstimmend.

dummy-preview-imageDer IHK-Konjunkturklimaindex, der die momentane Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, ist für die Wirtschaft im Kreis Herford von 102 Punkten im Frühjahr auf aktuell 58 Punkte regelrecht eingebrochen, in Ostwestfalen fiel der Index ebenfalls dramatisch von 109 auf 63 zurück.

Nur acht Prozent der Industrieunternehmen im Kreis sprechen aktuell von einer guten, 48 Prozent von einer schlechten Geschäftslage. Im Vergleich zum Vorjahr sind seit Jahresbeginn die Umsätze bei der Hälfte der Industrieunternehmen zwischen 10 und 25 Prozent zurückgegangen. Die Erwartungen an die Entwicklung der Geschäftslage bleibt deutlich negativ, denn nur 12 Prozent rechnen mit einer besseren, aber 60 Prozent mit einer schlechteren Geschäftslage. „Die Ertragserwartungen folgen dieser Einschätzung“, erklärt Dr. Bockermann. Zudem planen 27 Prozent einen Personalabbau.

Um der Krise zu begegnen, haben laut IHK-Umfrage 79 Prozent Rationalisierungsmaßnahmen eingeleitet, 59 Prozent setzen auf eine verstärkte Digitalisierung im Unternehmen und 42 Prozent stellen ihre Geschäfte auf andere Produkt- und Kundengruppen um.

„Die aktuelle Geschäftslage im Handel wird von den Unternehmen ebenfalls deutlich negativ beurteilt“, berichtet Flaskämper. Nur 16 Prozent der Unternehmen sprechen von einer guten, 38 Prozent von einer schlechten Geschäftslage. Sowohl im Einzelhandel (gut: 25 Prozent; schlecht: 38 Prozent) als auch im Großhandel (gut: 10 Prozent; schlecht: 31 Prozent) überwiegen die Pessimisten. Die Erwartungen der Händler an die kommenden Monate gingen noch weiter zurück. Bis Ende des Jahres gehen 34 Prozent von einem Umsatzrückgang zwischen 10 und 25 Prozent aus, 18 Prozent rechnen sogar mit einem Rückgang von 25 bis 50 Prozent. Die erwarteten Erträge seien mit einem Saldo von -41 im Einzelhandel und -63 im Großhandel auf einem absoluten Tiefpunkt. Darüber hinaus planten 29 Prozent einen Personalabbau.

Auch die Dienstleister sind laut IHK-Befragung pessimistisch: Lediglich 19 Prozent sprechen von einer guten, 45 Prozent aber von einer schlechten Geschäftslage. Die aktuellen Erträge sind deutlich zurückgegangen. Auch in den kommenden Monaten erwarten nur 10 Prozent der Dienstleister eine bessere Geschäftslage, aber 41 Prozent eine schlechtere. Mit einer Umsatzsteigerung bis Ende des Jahres rechnen nur 10 Prozent, 58 Prozent gehen jedoch von Umsatzrückgängen aus. „Der Jobmotor Dienstleistung ist gebremst, denn auch wenn 61 Prozent ihr Beschäftigungsniveau halten wollen, planen 27 Prozent einen Personalabbau und nur 12 Prozent einen Aufbau“, erläutert Flaskämper.

Angesichts der Auswirkungen der Corona-Pandemie würdigten die beiden für den Kreis Herford verantwortlichen IHK-Vizepräsidenten die Maßnahmen der Politik. Mit dem Konjunkturpaket seien viele wichtige Impulse gesetzt worden. Die Beschlüsse würden vielen Betrieben in der schwierigen Lage helfen. Allerdings dauerten trotz der schrittweisen Lockerungen die Umsatzeinbrüche in vielen Branchen deutlich länger an als erwartet. Umso wichtiger sei es, sie jetzt mit Liquidität über die nächsten Monate zu bringen. „Verabschiedet hat das Kabinett zudem steuerliche Änderungen wie die Anhebung des Verlustrücktrags, die Senkung der Mehrwertsteuersätze und Anpassung der Vorauszahlungen sowie die degressive Abschreibung von Investitionsgütern. Leider sind diese Maßnahmen nur befristet“, erklären Dr. Bockermann und Flaskämper unisono, die Wirtschaft hoffe zumindest auf eine Verlängerung.

„Wenig erfreulich ist ebenfalls die statistische Rückschau für den Kreis Herford“, betont Harald Grefe, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer und Regionalverantwortlicher für den Wittekindkreis. Der Gesamtumsatz in der Industrie ist seinen Worten nach dort von Januar bis April 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4 Prozent gefallen, von 2,23 Milliarden Euro auf 2,14 Milliarden Euro. Dabei ging der Auslandsumsatz um 3,2 Prozent auf 747 Millionen Euro zurück, der Inlandsumsatz fiel um 4,5 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. Die Zahl der Beschäftigten sank demnach von 27.340 auf 26.957 um 1,4 Prozent. Die Anzahl der Industriebetriebe mit 50 und mehr Beschäftigten beträgt im Kreis aktuell 149.

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