Artur! Bielefelder Galerie Hopping

 
Am Freitag, 11.10.2019 wird ein Jubiläum gefeiert. Mit ARTUR! 10 findet das alljährliche Bielefelder Galerie-Hopping statt.
 
Artur 10, Foto: Galerie Bielefeld

Artur 10, Foto: Galerie Bielefeld

Bielefeld. 2010 hatten ein paar unerschrockene Galerist*innen aus der sogenannten freien Kunstszene die Idee einer temporären Kooperation für eine gemeinsame Kunstnacht.  DenBielefelder Kunstinteressierten sollte jährlich ein Galerie-Hopping angeboten werden, das in fünf Stunden zu bewältigen ist. Seit zehn Jahren findet Anfang Oktober ARTUR! statt. Mit fünf bis acht ständig und/oder wechselnd teilnehmenden Galerien wird jährlich ein Überblick mit Ausstellungen regionaler und internationaler Künstler*innen präsentiert. In diesem Jahr sind Artists Unlimited Galerie, Atelier D, ELSA Kunst / & Raum, Galerie GUM, Kulturhaus Bielefeld, Raumstation und die treppenhausgalerie in der akw dabei. Die Ausstellung in der Artists Unlimited Galerie unter dem Titel „Only Loners left Alive“ ist ein fröhliches Konglomerat aus Julia Boehmes fortlaufender zeichnerischen Beschäftigung mit ihrer metaphorischen Figur des ‚Comic Character‘, oder des ‚Loner‘. Es sind unter anderem Poster, Siebdrucke, Keramiken und mehrere Risografien aus ihrem letzten Buch ‚Mind the Back‘ zu sehen. Die scherenschnittartigen Zeichnungen spielen mit dem Thema Rückengesundheit und Darstellungen von Home-Exercising. Ein von ihr zusammengestellter Lesetisch versammelt anlässlich der Ausstellung weitere Publikationen von Künstler*innen, die ihre Positionen in Form von Zines und Büchern zeigen. Julia Boehme studierte Buchkunst/Grafik-Design an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig.

Das atelier D präsentiert Arbeiten von Jürgen Noltensmeier, ein Künstler, der in der Vergangenheit wiederholt Station in Bielefeld gemacht hat. Der Titel der Ausstellung ist „Immer Dazwischen.“ Ankommen ist Illusion: find a girl, settle down, just relax, take it easy, das funktioniert nicht mal 24 Stunden. Ankommen ist irgendwie langweilig. Es gibt nur das Dazwischen. Geburt, Tod, Dazwischen. Wenn einer sagt: Ich habe das Gefühl, ich bin jetzt endlich im Leben angekommen, dann frage ich: Dann war‘s das jetzt? Und wenn der schon 45 ist: Und wo warst Du vorher? Existenz gesichert, Schäfchen im Trockenen. Abschaffen! Dann geht‘s allen besser. Etappenziele. Eigentlich auch nix. Man muß gucken, ohne zu sehen, was da wirklich ist, das Herz ist das Auge aber: Das kann auch voll daneben gehen. Komfortzone gibt es keine. Und wenn es zu schön wird? Na, mein Gott, man braucht ja auch ab und zu was zu fressen!

ELSA Kunst / & Raum ist zum ersten Mal dabei und zeigt als Einstieg bei ARTUR! „KRAFTAKT“ von Lilly Urbat. Sie generiert ihre fotografische Arbeit über performative Prozesse. Als dokumentarische Fiktion erzählt sie Geschichten und behauptet Situationen, die oft einen sozialen oder politischen Kommentar enthalten. Die Arbeiten sind sowohl schonungslos als auch sensibel und zeigen durchaus Humor. Eine Serie aus 23 Fotografien, die die Künstlerin selbst zeigt, während sie verschiedene Männer hält oder trägt. Als Inspiration dienten Bilder stolzer Jäger, die fröhlich mit ihrer toten Beute posieren. Lilly Urbat, *1988 in Hersbruck, DE, studierte zunächst Design und Medienkunst, später Fotografie bei Juergen Teller an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Sie ist Mitglied des Kollektivs „femalephotographers.org“ In der Galerie GUM wird mit „warten“ die neueste Arbeit der Bielefelder Künstlerin und Illustratorin Vera Brüggemann präsentiert. ‚Auch Angehörige der sogenannten vornehmen Welt wanderten durchs Fegefeuer , Männer und Frauen, die einen Augenblick lang zu zögern pflegten, ehe sie sich auf einem der Stühle niederließen, und die sich im allgemeinen benahmen, als befänden sie sich nur ganz zufällig, irgendeiner völlig belanglosen Angelegenheit wegen an diesem Ort. Zu guter Letzt gewöhnten auch sie sich an einen der Stühle, und zwei, drei Stunden später sah man sie dann mit trüben Mienen ganz zusammengesunken dahocken, ohne das Bewußtsein ihrer sozialen Sonderstellung.‘ (Georges Simenon, Maigret und die schrecklichen Kinder.

Paris 1954, dt. München 1972) Das Kulturhaus Bielefeld ist ein weiterer Neuling in der ARTUR! – Runde. Perspektiven heißt die Gruppenausstellung. Jana Haseloh, Gastkünstlerin. Ihr ist die Freiheit beim Malen ein zwingend wichtiger Aspekt, über den sie thematisch den Betrachter einlädt, sich jenseits ihrer Grenzen, in ihren Bildwelten zu verlieren. Wolgang Waesch, Gastkünstler. Er versteht es, das scheinbar Dunkle in einer Weise ins Bild zu setzen, die uns seine Figuren empathisch und als Teil von uns betrachten lässt. Je dunkler desto menschlicher erscheinen wir in seinen Werken. Carl&Karl, Künstler des Kulturhauses, arbeiten als Duo, Vater und Sohn, an einer medialen Rauminstallation. Reiner Tintel, ein Anfang mit keinem Ende. Es ist ein Suchen und doch etwas anderes finden. Ordnen, archivieren und neu zusammenfügen.

Cut – ein Querschnitt – ein Sammelsurium. Die Raumstation präsentiert „in a nutshell“ Arbeiten von Jessica Koppe. Zwischen farbig und bunt installiert Jessica Koppe aus Minden große Papierschnitte, kombiniert mit Zeichnungen, Animationen und Collagen. Ausstellungsbesucher*innen tauchen ein in einen sinnlichen Raum voll Farben, Formen und Geräuschen. Kombiniert werden Arbeiten aus den letzten Jahren, die sich in Materialität und Inhalt unterschieden. So ensteht eine eigenwillige Umgebung, die den Besucher*innen Raum für Assoziationen, Reflexionen und Wahrnehmungsmöglichkeiten bietet. Dieses Parallel-Universum der eigenen Phantasie erweitert Jessica Koppe am Freitag, den 25. Oktober ab 19 Uhr um ihre Texte und Gedichte. Der Eintritt ist frei. Die treppenhausgalerie in der autokulturwerkstatt (akw) ist mit der Ausstellung „PAPPE la PAPP“ von Annika Siebert dabei. Annika Siebert verbindet in ihren aktuellen Arbeiten das Interesse an veränderbaren Materialien mit der Suche nach immer neuen abstrakten oder auch gegenständlichen Darstellungsformen.

Kaum ein Material ist so vielseitig wie Pappe und Papier – das Spektrum reicht vom billigen Trägermaterial mit dienender Funktion für Zeichnungen und Malerei bis zum autonomen Werkstoff. Die Künstlerin druckt, bemalt, zerreißt, verbrennt, klebt, ritzt, bügelt, prägt und beschmutzt Pappe und Papier. Als Pappmaché nutzt sie es für Skulpturen, als weißes neutrales Material als Resonanzfläche für Licht und Raum. Annika Siebert, Künstlerin, Gestalterin – Bielefeld Für Kunstinteressierte gibt es also viel wieder zu entdecken. Die Galeristen versprechen wie in jedem Jahr: „Wir werden es Ihnen zeigen!“ Zur Orientierung gibt es einen Flyer mit Texten, Abbildungen, Adressen, Lageplan und Zeiten, der bald an allen einschlägigen (Kultur-) Orten ausliegen und Lust auf das diesjährige Galerie-Hopping machen wird.

image001-2