Ehemaliges Güterbahnhofsgelände wird von Altlasten befreit

Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung übernimmt 80 Prozent der Kosten – Stadt ist „sehr froh, dass es dieses Instrument gibt“

Minden. Die Stadt Minden will das Rechte Weserufer im Rahmen eines Integrierten städtebaulichen Konzeptes (ISEK) entwickeln und hat dafür Ende 2016 ein 43.000 Quadratmeter großes Grundstück auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs gekauft. Doch bevor die Fläche wieder genutzt werden kann, ist eine Sanierung der Altlasten notwendig. Die Belastungen im Boden und im Grundwasser sind aus der Nutzung eines Gaswerkes und durch den Bahnbetrieb – Bahnwerkstätten und Schienenverkehr – entstanden.

Brache_Gterbahnhofsgelnde„Altlastensanierungen sind oft aufwändig und kostenintensiv und für die Entwicklung einer Fläche damit ein großes Problem“, weiß Ekkehard Jansa, bei der Stadt Minden für die Aufgabe Umwelt und Altlasten zuständig. Ohne finanzielle Unterstützung wäre die Stadt hier wohl in nächster Zeit nicht tätig geworden. So hat die Verwaltung Mitte 2016 Kontakt mit dem AAV aufgenommen und das Projekt angemeldet.

AAV steht für den „Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung“ mit Sitz in Hattingen. Dieser fördert seit 1989 die Untersuchung, Aufarbeitung und Sanierung von Altlastenflächen. Ende 2016 wurde – nach Beschluss der Delegiertenkonferenz – das ehemalige Gaswerk und der ehemalige Güterbahnhof in Minden in den Maßnahmenplan 2017 aufgenommen. Hauptziel des Projektes ist laut Maßnahmenplan das Flächenrecycling dieses „Altstandortes mit Grundwasserverunreinigung“.

„Das war eine sehr gute Nachricht, weil der AAV hiermit eine Zusage für 80 Prozent der Kosten für die Sanierungsuntersuchung, Sanierungsplanung und anschließenden Altlastensanierung übernimmt“, erinnert sich Jansa. 20 Prozent trägt die Stadt Minden.

In zwei Gerichtsverfahren (Bahn AG gegen Stadt Minden) ging es um die Feststellung des Ordnungspflichtigen für den Zeitraum ab dem Betrieb eines Gaswerkes bis zur Aufgabe und der sich dort anschließenden gewerblichen Nutzung. Nach dem endgültigen Gerichtsentscheid ist die Stadt Minden allein verantwortlich für die vom Gaswerksgelände ausgehenden negativen Umwelteinwirkungen. Auf einer etwa 7.000 Quadratmeter großen Teilfläche im Nordwesten des Gesamtgeländes befand sich von 1868 bis 1933 das Gaswerk, das von der Stadt Minden betrieben wurde. Nach den bisherigen Erkenntnissen ist der Untergrund in diesem Bereich erheblich durch gaswerkstypische Schadstoffe, insbesondere PAK (Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe), Cyanide (giftige Salze der Blausäure) sowie MKW (Mineralölkohlenwasserstoffe), verunreinigt.

Der ursprüngliche Blindgängerverdacht von Bombenabwürfen aus dem Zweiten Weltkrieg auf der Fläche an zwei Punkten hat sich nach Untersuchungen des Kampfmittelräumdienstes der Bezirksregierung Arnsberg im November 2017 als negativ erwiesen.

Gterbahnhofsgelnde_AktuellIn der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Bauen, Umwelt und Verkehr hat sich der AAV nun den Vertreterinnen und Vertretern der Politik vorgestellt. Rund 130 Projekte habe der Verband bereits in Nordrhein-Westfalen abgeschlossen. 52 laufen, darunter auch das Mindener, berichtete Dr. Ernst-Werner Hoffmann (Bereichsleiter Technik). Für den nächsten Schritt müsse nun ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Stadt Minden, dem Kreis Minden-Lübbecke in seiner Funktion als untere Bodenschutzbehörde und dem AAV abgeschlossen werden.

Der der Stadt jetzt im Entwurf vorliegende Vertrag regelt die Planungen und Untersuchungen auf dem 43.000 Quadratmeter großen, städtischen Gelände. In einem weiteren Vertrag, der unterzeichnet wird, wenn die Untersuchungsergebnisse vorliegen, wird die eigentliche Altlastensanierung geregelt. „Das Ganze wird rund zweieinhalb Jahre dauern“, schätzt Dr. Hoffmann. Sowohl die Planungen als auch die Untersuchungen und später die Ausführung der Sanierung müssen öffentlich ausgeschrieben werden, so der Technische Leiter.

Zu den Aufgaben des AAV, der „quasi ein Landesverband sei“, zählen unter anderem das Flächenrecycling, die Altlastensanierung, bergbauliche Altlasten sowie weitere Projekte, die alle zum Ziel haben, dass Brachflächen wieder genutzt werden. Oft können sich Städte und Gemeinden dieses allein nicht leisten. Zentrale Flächen würden damit für eine andere Nutzung erschlossen, so Dr. Hoffmann. Kleine Flächensanierungen seien das Spezialgebiet des AAV. „Wir sind daher sehr froh, dass es dieses Instrument gibt“, machte Beigeordneter Lars Bursian im Fachausschuss deutlich.

Der AAV finanziert sich im Schwerpunkt aus Landesmitteln. Rund 7 Millionen Euro kommen jährlich aus Düsseldorf, 1 Million von den Kommunen (Kreise und kreisfreie Städte) sowie 500.000 Euro aus der Industrie. Somit stehen pro Jahr mindestens 8,5 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung.

Bis es zur eigentlich Zusage für eine Beteiligung des AAV an einer Altlastensanierung oder einem Flächenrecycling kommt, gibt es folgenden Ablauf: 1. Anmeldung der Projekte durch die Kommunen, 2. Prüfung der Eintrittsvoraussetzungen, 3. Vorstellung in den Gremien, 4. Aufnahme in den Maßnahmenplan, 5. Dringlichkeitsbewertung, 6. Öffentlich rechtlicher Vertrag und 7. Maßnahmenträgerschaft und Finanzierung. Danach erfolgt die Sanierungsuntersuchung, -planung und -durchführung. Das Ganze wird durch Steuerung und Controlling seitens des AAV begleitet. Die letzten Schritte sind die Freistellung – damit ist die Begrenzung der öffentlich-rechtlichen Haftung von Sanierungspflichtigen nach einer erfolgten Sanierung sowie der Verzicht der zuständigen Bodenschutzbehörde auf weitergehende Maßnahmen gemeint – und gegebenenfalls ein Wertausgleich.

Fotos: © Pressestelle der Stadt Minden