10 Jahre projektartgalerie – 30 Jahre………“Walk over the Line“

Bielefeld. Ausgerechnet im fernen Kathmandu (Nepal) lernte Maria Bernard den Maler und Grafiker Winfried Wolk vor rund 30 Jahren kennen und engagierte sich als Aachener Studentin für eine Ausstellung. Heute präsentiert die Galeristin den in Gädebehn bei Schwerin lebenden Künstler erneut in der Projektartgalerie in seiner Ausstellung „Gaukler + Narren“. Anlass ist der zehnjährige Geburtstag der Galerie, die zunächst am Bethelweg und sich heute am Standort Von-der-Recke-Straße befindet. Rund fünfzig Künstler zählen zum Kreis der Galerie und freuen sich mit ihr. Gesellschaftskritisch ist Winfried Wolk in seiner Kunst, sei es in Zeichnung, Malerei oder seit 2015 in der Skulptur. Im Gespräch mit dem 78-Jährigen bekommt man einen guten Eindruck, wie Kritik in einem totalitärem DDR-Regime überhaupt möglich war. Niemals hätte Wolk als Mitglied der CDU-Ost und als Künstler bei den üblichen Fragen der Staatssicherheit offenherzig seine Meinung sagen können. Vielmehr umschiffte er die Provokationen der Stasi, ging als Künstler einen hintergründigen Weg. 1989 nimmt er bei einem dreimonatigen Visum in die Bundesrepublik seine Chance wahr. In einem Interview in der Bild-Zeitung und im „heute journal“ des ZDF appelliert er zum 40. Jahrestag der DDR, innerpolitische Konflikte gewaltfrei und im Dialog zu lösen.
Winfried Wolk, geboren 1941 in Breitenbrunn im Erzgebirge, studierte freie Grafik und Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Vielseitig ist Wolk, fertigt auch Radierung und Siebdruck, Keramikrelief, Glasapplikation und Bleiverglasung zur Fenstergestaltung an. In den 90er Jahren entstehen erste Arbeiten mit digitalen Medien, so genannte „Display-Paintings“ und dynamische Malerei auf dem Bildschirm. Bereits bei einer frühen Radierung von 1979 deutet sich die Handschrift des Künstlers an. Ein Märchen des russischen Schriftstellers Jewgeni Schwarz nimmt er zum Anlass, den gesellschaftlichen Wahnsinn aufzuzeigen. Ein Mensch hockt gemütlich in seiner prallen Seifenblase. Rundum sieht man nur Elend, Gewalt und Gewehre. Einem König rutscht die Krone ins Gesicht und macht ihn blind. Unheil verraten die aufgerissenen Augen eines sprachlosen Narren mit Flöte. Andere Narren bauen Schiffe, aber diese Narrenschiffe werden trotz hochtrabender Pläne niemals schwimmen können. Ein Narrenkarrussel ist zum Stillstand verdammt, obwohl es sich unermüdlich dreht. Trefflicher könnte man die chaotische Abkapselung einer Diktatur von der Welt nicht beschreiben.
Wo? Projektartgalerie, Von-der-Recke-Str. 6. Wann? Bis zum 23.11., Mi. 16-18 Uhr, Fr. 16-18 Uhr, geschlossen 4.10., 16.10. & 25.10., Finissage am Sa., 23.11. ab 17 Uhr.